Ulf Banscherus (Dresden) Vorstellung der Studie "Anspruch und Wirklichkeit des Bologna-Prozesses"

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Donnerstag, 26.11.2009 18.00 Uhr

Neue Uni, ehemaliger Senatssaal

Dass die Mobilität der Studierenden sich durch den sogenannten Bologna-Prozess nicht verbessert hat, ist inzwischen ein Allgemeinplatz, doch wie sieht es mit den anderen erklärten Zielen des Bologna-Prozesses aus? Dieser Frage geht die Studie "Der Bologna-Prozess zwischen Anspruch und Wirklichkeit" nach, untersucht werden die Ziele "Soziale Dimension”, "Berufsqualifizierung”, "Lebenslanges Lernen” und "Mobilität”. UIf Banscherus, Mitautor, stellt die Studie im Vortrag vor. Die Studie zeigt auf, dass die Mobilität vor allem vom sozialen Hintergrund der Studierenden abhängt: AkademikerInnenkinder gehen mehr als doppelt so häufig ins Ausland wie Studierende aus NichtakademikerInnenfamilien. Auch sonst zeichnet sich eine weitere Verschärfung sozialer Ausschlussmechanismen ab. Anstatt die Umstellung zu nutzen, um die Hochschulen für mehr Menschen auch aus einkommensschwachen und Nichtakademikerfamilien zu öffnen, wurden neue Auswahlmechanismen eingeführt, die vor allem Studierende aus sozialschwachen Familien benachteiligen. So sorgen Zulassungsbeschränkungen beim Übergang vom BA zum MA für eine stärkere Auswahl. Alarmierend ist, dass insbesondere Frauen schon nach dem BA die Hochschule verlassen: Während 53,7 Prozent der BA-Abschlüsse von Frauen abgelegt werden, liegt der Frauenanteil bei den MA-Abschlüssen nur noch bei 40,7 Prozent, so die Bologna-Studie. Geht man davon aus, dass der BA auf dem Arbeitsmarkt nicht viel wert ist, wiegt dies noch mal schwerer, denn zehn Jahre nach der Bologna-Erklärung sind die neuen Abschlüsse auf dem Arbeitsmarkt, insbesondere in kleineren Unternehmen, immer noch nicht akzeptiert. Fehlanzeige auch bei der Erhöhung des Anteils von Studierenden ohne traditionelle Hochschulberechtigung: Im Vergleich mit anderen Bologna-Staaten hat die BRD mit nur 1% einen besonders niedrigen Anteil nicht-traditioneller Studierender, auch flexible Lernwege wie Teilzeitstudiengänge sind unterentwickelt. Statt die Studienbedingungen zu verbessern, hat der Bologna-Prozess neue Studiengänge hervorgebracht, die in vielen Fällen kaum studierbar sind, BA-Studiengänge verzeichnen über alle Hochschularten und Fächergruppen hinweg höhere Abbrucherquoten als die traditionellen. Studierende klagen auch über hohe Belastungen, Stress und einen enormen Erfolgsdruck. Sie müssen aber im BA-Studium möglichst gut abschneiden, um sich die Chance auf einen MA zu sichern. Die gesundheitlichen Folgen: ein überproportionales Auftreten von Nervenkrankheiten und psychischen Erkrankungen. Die vollständige Expertise von Ulf Banscherus, Annerose Gulbins, Sonja Staack, Klemens Himpele kann im Internet heruntergeladen werden: http://www.gew.de/Binaries/Binary52190/090903_Bologna-Endfassung_final-WEB.pdf

http://www.fachschaftskonferenz.de/fileadmin/Dokumente/GEW/Vorlesungsreihe_Entwicklungen.pdf

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